Willkommen im Klostergarten – dem botanischen Schatzkästchen
Lust auf eine Zeitreise auf den Spuren heilkundiger Mönche? Auf Blütenpracht fürs Auge und für den Gaumen? Unter den Doppeltürmen des Westwerks aus der Zeit Karls des Großen gedeiht allerhand: Rosen-Schönheiten, seltene Stauden, duftende Sträucher, süße Beeren und fast vergessene Gemüsesorten. Hier lebt im Schutz hoher Klostermauern das Wissen der Benediktiner wieder auf – hier wachsen Heilkräuter und Arzneipflanzen, aber auch massenhaft Geophyten wie Alium oder Iris.
48.000 Geophyten bringen Wiese zum Blühen
Narzissen, Hasenglöckchen und Lilien sorgen dafür, dass die Wiese im Remtergarten die gesamte Saison über blühen – und das zu unterschiedlichen Zeitpunkten in unterschiedlichen Farben. Den Anfang machen die Narzissen im Frühjahr in Weiß und Gelb. Danach folgen Prärielilien in Weiß und Blau und Hasenglöckchen in Blau, Rosa und Weiß. Zuletzt blühen im Sommer die Lilien in Altrosa und einem zarten Gelb.
Da die Zwiebelblumen (botanisch Geophyten genannt) die Kälte des Winters benötigen, werden sie schon im November des Vorjahres in die Erde gesetzt.
Raritäten aus dem Süden
Im milden Mikro-Klima nah am Wasser und von einer Klostermauer umgeben wachsen hier Gehölze, die man bislang eher in wärmeren Gefilden wie dem Rheinland oder der Pfalz findet. Beispiele sind der schnellwüchsige Blauglockenbaum (hier die etwas kleiner bleibende Sorte Paulownia fortunei „Fast Blue“), der ausladende Taschentuchbaum mit weiß verfärbten Hochblättern oder der stark duftende Kuchenbaum, der auch mit Indian-Summer-Herbstlaub überzeugt. Hier steht außerdem ein robuster Strauch, der erst spät im August blüht und eine gute Bienenweide ist. Er hat einen sehr poetischen Namen: Sieben Söhne des Himmels (Heptacodium miconioides) ist durch seine abblätternde Rinde auch ohne Laub im Winter ein Hingucker. Für kleine Gärten geeignet ist der langsam wachsende Judasbaum.
Essbare Blüten im Küchensaum des Klostergartens
In den Beeten vor der imposanten Doppelturm-Kulisse auch Dahlien. Die Vorfahren unserer heutigen Garten-Dahlie kommen von den Hochebenen Mittelamerikas und Mexikos und wurden bereits von den Azteken kultiviert und als Gemüse genutzt. Bei uns hat sich die Dahlie nur als Zierpflanze durchgesetzt. Ganz in Vergessenheit geriet, dass die Knollen sich wie Kartoffeln kochen, braten oder frittieren lassen. Die großen Blüten der „Königin des Spätsommers“ machen sich gut im Salat. Wie passend, dass Höxter eine spezielle Dahlien-Züchtung zur Gartenschau-Blume erkoren hat.
Ein wahrer Küchen-Tausendsassa ist die wilde Malve: Wer weiß schon, dass junge Malvenblätter eine gute Salatzutat sind, dass sie grüne Smoothies besonders sämig machen, dass die Wurzeln als Gemüse taugen und man damit prima Suppen und Soßen binden kann. Die hübschen Blüten machen sich gut in Blütenzucker oder -salz, die unreifen Samen werden roh geknabbert oder als Brei gekocht. Die Malve ist ein Beispiel, dass manchmal alle Pflanzenbestandteile in der Küche nutzbar sind.
Die großen, grünen Blätter der Funkien haben eine lange Geschichte als Gemüse in Asien: Die noch eingerollten jungen Blätter schmecken im Frühling wie Spargel, die älteren Blätter können wie Spinat zubereitet werden. Das Grün der Indianernessel kann ähnlich wie Thymian zum Würzen von Suppen, Eintöpfen oder Fleisch verwendet werden. Die Ureinwohner Nordamerikas schätzten Tee aus den Blüten und Blättern der Nessel.
Die Blüten der Taglilie können in Teig ausgebacken werden und die Blüten der Astern sind optische Highlights im Salat. Storchschnabel kann im Kräuterquark oder in der Kräuterbutter auf den Teller kommen. Die Ballonblume und die Glockenblume sind ebenfalls in der Küche verwendbar. Selbst viele sogenannte Unkräuter können problemlos aufgetischt werden: Die Große Klette war beispielsweise im Mittelalter beliebt.